Großstadt-Freunde im Alter

Also irgendwie verstehe ich das nicht: mit dem Alter beklagen sich alle, dass man sich ja viel zu selten sieht und man ewig nichts mehr zusammen gemacht hat – und das bleibt dann auch meist so. Aber warum? Werden wir mit dem Alter fauler, igeln uns ein und gestalten das Nest? Wieso gewinnt dies mehr und mehr mit dem Alter an Priorität und das seltene Essen, die Party mit Freunden „beginnt hoffentlich nicht so spät“? Und warum nimmt der Kontakt immer mehr ab?

Gut, okay, Freunde finden Partner, bekommen Kinder, haben Jobs – all das gab es nicht wirklich bis ca. Mitte Zwanzig. Der Impuls, einfach einer Freundin zu schreiben, wie es ihr geht oder spontan mit ´nem Kumpel auf ´ner Bank ´n Bierchen zu trinken, war noch da! Und wo ist er nun? Wieso kümmern wir uns nicht mehr mit zunehmendem Alter um unsere Freunde mit kleinen Aufmerksamkeiten und Nachrichten? Da sind wir schon auf so vielen Kanälen vernetzt und lassen diese doch einstauben.

Stadtviertelübergreifende Freundschaften schlafen gänzlich ein, man wird zur Kiez-Potatoe. Man trifft sich zum Freundeabend und wenn nicht gleich ein neuer Termin fixiert wird, würde das nächste Treffen wahrscheinlich gänzlich ausfallen. Man plaudert über den aktuellen Stand des Lebens: Partner, Kind, Beruf und schon gerät das Gespräch ins Stocken und man erfreut sich nur noch an Geschichten aus der Vergangenheit, erlebt aber keine neuen. Alltagsmeilensteine des anderen hat man nicht mehr auf den Schirm, wie bspw. „Du sag mal, wie war eigentlich dein Zahnarzttermin?“ oder „Haste die Hose eigentlich noch in deiner Größe bekommen?“ Liegt es an der Großstadt, dass jeder nur noch seins macht und am Leben des anderen nicht (mehr) interessiert ist, weil man ja selbst genug Stress hat und auf der ständigen Suche nach TimeOut statt BurnOut ist? Oder ist es das Alter?

So oder so ist Freundschaft, wie eine Beziehung, Arbeit und sollte von beiden Seiten gepflegt werden. Das Geheimnis liegt hier im Kleinen. Ein kleines „Hey, denk an dich, Keule!“ in Form von einer Karte (Kosten ca. 1€) oder ein Smiley auf die Pinnwand gepostet (Kosten ca. 0€) oder eine SMS/ WhatsApp mit einem Insider-Joke „Military“ (Kosten ca. 0€) reicht schon völlig aus, um den anderen eine Freude zu machen.

Ebenso hat man bestimmt immer eine halbe Stunde Zeit, ein Eis zu essen und zu schnacken. Aber auch reden muss man nicht immer: Zum Kaffee treffen, Leute gucken und wieder gehen, ist ein wunderbarer Kurzurlaub für das Gehirn. Oder auch Kino, Theater und Picknick o.ä. sind wunderbare gemeinsame Erlebnisse – doch keiner fragt, als gäbe es in der Großstadt kein Angebot. Selber treibt man dann an. Immer wieder, doch mit der Zeit wird einem das auch zu anstrengend und diese Einseitigkeit ist traurig, die Freundschaft versiegt leise bis zur Einsamkeit.

Also liebe Freunde, kümmert euch bitte um einander – IHR seid das Wichtigste, um den Alltag und den Stress im Leben zu überstehen. Und keine Angst vor der bösen Zeit, auch wenn man sich lange nicht gemeldet hat, so freut sich der andere ganz bestimmt.

Das Leben ist zu kurz um lange zu schmollen!